Autarkie mit Solarenergie – was ist möglich? Und was ist sinnvoll?
Der Blick auf die Strom- oder Heizungsabrechnungen kann einem die Tränen in die Augen treiben. Auch wenn das Bewusstsein für Energiespar-Maßnahmen enorm gewachsen ist, kompensieren die möglichen Einsparungen in der Regel doch nicht die sehr viel stärker steigenden Preise. Steuern, Klimaschutz, geopolitische Krisen – alle diese Faktoren tragen dazu bei, dass die Kosten für Strom und Wärme auch künftig ein großer Posten im Haushaltsbuch bleiben werden.
Was für Solar-Pioniere der ersten Stunde noch ein Traum war, wird daher für immer mehr Menschen ein ernstzunehmender Gedanke: Was, wenn man aus der Spirale aussteigt und seinen Bedarf an Strom und Wärme selbst mit Solarenergie deckt? „Die Sonne schickt uns keine Rechnung“, pflegt Franz Alt – einer dieser Pioniere – zu sagen.

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Der Fachbegriff dafür kommt ursprünglich aus dem Altgriechischen, heißt Autarkie und bedeutet so viel wie Selbstgenügsamkeit oder Selbstständigkeit. Bei einem 100-prozentigen Autarkiegrad müsste kein Strom und keine Wärme mehr extern bezogen werden. Man wäre Selbstversorger und damit unabhängig von Energiekonzernen, ihrer Preisgestaltung und ähnlichen Sperenzien. Zwar muss zwischen der Stromerzeugung (Photovoltaik) und der Wärmegewinnung (Solarthermie) unterschieden werden, doch bleibt eine vollkommene Autarkie hier wie da ein Traum – zumindest im nicht sehr sonnenverwöhnten Deutschland.
Nehmen wir den Strom als Beispiel: „Für hohe Autarkiegrade sind generell große Photovoltaik-Anlagen und Speicher nötig, um auch nachts und im Winter einen großen Solaranteil zu ermöglichen“, schreibt Experte Volker Quaschning in seinem Fachbuch „Erneuerbare Energien und Klimaschutz“. Eine vollständige Autarkie sei dabei mit einem vertretbaren Aufwand „praktisch nicht erreichbar“.

Das erklärt schon ein Blick auf die Jahreszeiten: Eine solche Anlage müsste sicherstellen, dass auch im Winter 100 Prozent des Strombedarfs gedeckt sind – und wäre damit garantiert überdimensioniert für die Sommermonate. Zu bedenken ist auch, dass man sich mit einem sehr hohen Autarkiegrad auch wieder in Abhängigkeit begeben könnte. Nämlich von der eigenen Anlage. Fällt sie aus – was glücklicherweise sehr selten passiert –, läge ein Großteil der eigenen Energieversorgung brach. Es gibt Ausnahmefälle, in denen solche sogenannten Inselanlagen aber sinnvoll sind. Überall dort nämlich, wo man fernab der öffentlichen Versorgung lebt, wie etwa in der Wildnis oder auf einer einsamen Alm. Dort ist man zwangsläufig auf eine möglichst große Autarkie angewiesen.
Drei Tipps, wie der Autarkiegrad gesteigert werden kann:
- Optimale Planung, Dimensionierung und Ausrichtung der Photovoltaik-Anlage
- Nutzung von Stromspeichern
- Optimiertes Verbrauchsverhalten: Strom möglichst dann nutzen, wenn die Anlage viel davon produziert

Geh nicht aufs Ganze
Meistens müssen es aber nicht die vollen 100 Prozent sein. Wer sich die Marktpreise anschaut und weiß, dass beispielsweise beim Strom ein Autarkiegrad von 70 bis 80 Prozent möglich ist, kann sich ausrechnen, wie groß die Ersparnisse sein können. In diesem Fall müssten nur noch 20 bis 30 Prozent des Strombedarfs von einem Energieversorger zugekauft werden. Worauf es ankommt, ist, den goldenen Mittelweg zwischen möglichst hoher Autarkie und vertretbaren Kosten beziehungsweise vertretbarem Aufwand zu finden. Hier zahlt es sich fast immer aus, einen Experten zurate zu ziehen, der die örtlichen Gegebenheiten analysiert und Optionen aufzeigt, was im individuellen Fall möglich und sinnvoll ist.
Eine Fixierung auf die Autarkie allein ist indes gar nicht nötig, auch wenn sie mitunter in den Vordergrund gestellt wird. Mindestens ebenso wichtig ist der Eigenverbrauch – also der Anteil an der von der Anlage erzeugten Solarenergie, der selbst verbraucht wird. Je höher die Eigenverbrauchsquote ist, desto besser. Um das zu verdeutlichen, schauen wir wieder auf den Strom: Jede selbst verbrauchte Kilowattstunde muss nicht zum teuren Marktpreis eingekauft werden. Anlagen zu überdimensionieren, um aus der (kärglichen) Vergütung für die Netzeinspeisung Gewinn zu schlagen, bringt dagegen mehr Kosten als Nutzen.
Ziel muss also sein, eine möglichst hohe Eigenverbrauchsquote zu erreichen, weil das am wirtschaftlichsten ist. Aber auch hier sind 100 Prozent kaum machbar. Hinzu kommt, dass der Verbrauch über den Jahresverlauf schwankt und nie ganz genau prognostiziert werden kann.
Drei Tipps, wie die Eigenverbrauchsquote gesteigert werden kann:
- Integration einer Wärmepumpe, die mit Strom aus der Photovoltaik-Anlage betrieben wird
- Kauf eines Elektroautos und Aufladung über solargespeiste Wallbox
- Installation von Smart Home- oder Energiemanagementsystemen

In der Praxis werden die Eigenverbrauchsquote und der Autarkiegrad oft verwechselt oder gar gleichgesetzt. Das ist aber nicht richtig, sie haben grundsätzlich nicht einmal etwas miteinander zu tun. Wichtig ist, den Eigenverbrauch zu optimieren: Ziel ist, möglichst viel Strom kostengünstig selbst zu produzieren und möglichst wenig davon teuer einkaufen zu müssen. Der Autarkiegrad hängt von weiteren Faktoren wie etwa dem gesamten Stromverbrauch ab. Steigert man die Eigenverbrauchsquote, verbraucht aber gleichzeitig auch insgesamt mehr Strom, ändert sich am Autarkiegrad nichts.
Eine kurze Zusammenfassung mit Beispielen macht das Ganze noch klarer:
Die Eigenverbrauchsquote gibt an, wie viel des selbst produzierten Stroms auch selbst verbraucht wird. Angenommen, eine Anlage produziert im Schnitt 2.000 kWh Strom pro Jahr, von denen man selbst aber nur 1.000 kWh nutzt und der Rest ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Dann liegt die Eigenverbrauchsquote bei 50 Prozent. Wird der selbst erzeugte Strom vollständig selbst genutzt, liegt die Eigenverbrauchsquote bei 100 Prozent.
Der Autarkiegrad gibt an, wie viel Prozent des eigenen Strombedarfs durch eigene Erzeugung gedeckt werden kann. Angenommen, der eigene Haushalt hat einen Strombedarf von im Schnitt 5.000 kWh pro Jahr. Davon können 2.500 kWh durch die Nutzung des selbst erzeugten Stroms gedeckt werden. Dann liegt der Autarkiegrad bei 50 Prozent. Können nur 1.000 kWh von den 5.000 benötigten kWh durch die Nutzung des selbst erzeugten Stroms gedeckt werden, liegt der Autarkiegrad bei 20 Prozent.
Maßgeblich ist, wie viel des selbst erzeugten Stroms zur Deckung des Bedarfs genutzt wird. Produziert die Anlage mehr Strom, der aber ins öffentliche Netz eingespeist wird, geht das nicht in die Berechnung des Autarkiegrads ein.

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Und was ist mit dem solaren Deckungsgrad?
Der solare Deckungsgrad spielt bei der Solarthermie eine wichtige Rolle: Er gibt an, wie viel Prozent des Bedarfs an Warmwasseraufbereitung oder zur Heizungsunterstützung die Solaranlage decken kann. Die Werte sind ebenfalls schwankend und hängen von vielen Faktoren wie etwa dem eigenen Wärmebedürfnis ab. Sinnvoll ist hier ebenfalls, nicht zu versuchen, auch noch das letzte Prozent herauszuschlagen, um nahe an die 100 Prozent zu kommen. Sie sind mit einer Solarthermie-Anlage allein ohnehin nicht zu erreichen. Es ist in der Regel eine viel bessere Lösung, mit einer gut dimensionierten und wirtschaftlich zu betreibenden Anlage einen solaren Deckungsgrad von 50 oder mehr Prozent anzustreben.

Berechnet wird der solare Deckungsgrad ähnlich wie der Autarkiegrad bei der Stromerzeugung. Angenommen also, die Solaranlage deckt die Hälfte der benötigten Energie für Heizung und Warmwasser, liegt der solare Deckungsgrad bei 50 Prozent. Ein solarer Deckungsgrad von 100 Prozent kann bei dem Wetter in Deutschland praktisch nicht erreicht werden.
Drei Tipps, wie der solare Deckungsgrad gesteigert werden kann:
- Senkung des Heizbedarfs durch Maßnahmen wie eine bessere Dämmung
- Vergrößerung der Kollektorfläche
- Nutzung von Speichern
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Technologie-Kombi für mehr Autarkie
In der Praxis geht es jedoch nicht nur um solche Zahlen – auch wenn sie insbesondere bei der Planung, Konzeption und Dimensionierung einer Solaranlage eine sehr wichtige Rolle spielen. Gefragt sind darüber hinaus clevere Ideen, um den größten Ertrag zu erzielen. Für den eigenen Geldbeutel, aber auch für die Umwelt und das Klima. Erfahrungsgemäß sind solche ideellen Faktoren für viele Betreiber von Solaranlagen ebenfalls von großer Bedeutung.

Eine solche Idee ist der zusätzliche Einsatz einer Wärmepumpe. Sie funktioniert, kurz gesagt, wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt. Während dieser den Speisen Wärme entzieht und sie an die Umgebung abgibt, entzieht die Wärmepumpe der Umgebung Wärme und führt sie dorthin, wo sie gebraucht wird. Der Kühlschrank transportiert die Wärme von innen nach außen, die Wärmepumpe von außen nach innen. Einen Haken haben aber beide gemeinsam: Sie brauchen für ihren Betrieb Strom.

Strom? Da liegt es nahe, eine Photovoltaik-Anlage mit einer Wärmepumpe zu kombinieren. So ist nicht nur sichergestellt, dass die Wärmepumpe zumindest teilweise umweltfreundlich mit regenerativem Strom betrieben wird. Wer dazu noch einen Stromspeicher mit einplant, erhöht auch den Autarkiegrad weiter: Auf diese Weise sind 70 bis 80 Prozent drin.
Ob sich eine solche Investition auch wirtschaftlich lohnt, sollte aber vorher auf jeden Fall fachgerecht durchgerechnet werden. So oder so bringt es auf jeden Fall mehr, 70 bis 80 Prozent Autarkiegrad zu erreichen, als von 100 Prozent zu träumen.

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