Balkonkraftwerke – Kleiner Aufwand, große Wirkung
Balkonkraftwerke boomen. Denn die kleinen Photovoltaikanlagen – die auch auf einer Terrasse oder Außenwand Platz finden können – schließen eine Lücke in der Versorgung mit Solarstrom. Bislang hieß es oft „ganz oder gar nicht“, wenn man sich eine Solaranlage anschaffen wollte. Wer nicht über eine geeignete Fläche für eine ausgewachsene Anlage verfügt oder zur Miete wohnt, hatte das Nachsehen.
Mit den Mini-Anlagen ist das anders: Der Installationsaufwand ist wesentlich geringer, die Rahmenbedingungen für den Betrieb wesentlich einfacher – und steuerlich begünstigt sind sie neuerdings auch noch. Der einzige Haken: Aufgrund ihrer kompakten Größe können sie Strom nur in überschaubaren Mengen erzeugen. Daher werden sie oft eher als Geräte und nicht als Anlagen bezeichnet. Aber das ist besser als nichts. In den meisten Fällen sogar viel besser.

Vom Aufbau her sind Balkonkraftwerke ihren großen Verwandten prinzipiell ähnlich. In der Regel handelt es sich um ein oder zwei Solarmodule, die an die Balkonbrüstung gehängt oder auf eine passende freie Fläche gestellt werden. Solche Geräte dürfen in Deutschland maximal 800 Watt haben, wenn sie vereinfachten Verfahren, beispielsweise bei den Meldepflichten, unterliegen sollen. Dieser Wert bezieht sich auf die Anschlussleistung des Wechselrichters. Es dürfen also auch zwei Module mit mehr Watt Leistung betrieben werden, wenn die Anschlussleistung des Wechselrichters 800 Watt nicht überschreitet. Da moderne Solarmodule eine Leistung von 350 bis 450 Watt peak haben, erklärt sich daraus, warum Balkonkraftwerke fast immer lediglich mit einem oder zwei Modulen betrieben werden. Hinzu kommt ein Wechselrichter, der den gewonnenen Gleichstrom in nutzbaren Wechselstrom transformiert.

Egal, wie klein oder groß die Mini-Solaranlage ist: Um eine Anmeldung im Marktstammdatenregister (MaStR) der Bundesnetzagentur kommen Betreiber nicht herum. Sie ist nötig, damit alle Geräte registriert sind und der Netzbetreiber zum Austausch des Stromzählers veranlasst werden kann. Immerhin wurde die Registrierung deutlich vereinfacht und damit der Aufwand auf ein Minimum reduziert. Und: Seit der Verabschiedung des Solarpakets I am 26. April 2024 entfällt die Anmeldung beim Netzbetreiber. Große Dachanlagen unterliegen dieser Anmeldepflicht nach wie vor.
Die Maximalleistung der Module entspricht selten den realen Bedingungen. Aber immerhin erzeugen Balkonkraftwerke mit zwei Modulen doch bis zu rund 550 Kilowattstunden im Jahr. Der Solarstrom reicht also beispielsweise aus, um Fernseher, Waschmaschine und ähnliche Haushaltsgeräte zu betreiben. Die Grundversorgung einer Familie deckt es damit zwar auf keinen Fall, aber das ist auch nicht Sinn und Zweck der Geräte. Besser lässt sich ihr Nutzen durch die Ersparnis zeigen: Selbst wenn man annimmt, dass nur 400 Kilowattstunden im Jahr tatsächlich im Haushalt genutzt werden, sind dies 400 Kilowattstunden, die man nicht teuer von seinem Energieversorger beziehen muss. Natürlich sind der Kaufpreis, die Installation und die Wartung ebenfalls einzuberechnen. Da Balkonkraftwerke aber keine immense Investition benötigen, kommt man mit ihnen früher oder später, meist aber früher, doch auf die Habenseite. Wer sich das ganz genau ausrechnen lassen will, kann den Stecker-Solar-Simulator der Forschungsgruppe Solarspeichersysteme der Hochschule für Wirtschaft und Technik Berlin nutzen.


Anschluss und Betrieb
Balkonkraftwerke werden, in Anlehnung an Computerzubehör, oft auch als „Plug-and-Play“-Geräte bezeichnet. Das bedeutet: Stecker rein und fertig. Ganz so einfach ist es in der Realität dann aber doch nicht. Laut Bundesnetzagentur muss eine spezielle Energiesteckdose vorhanden sein, weil die haushaltsüblichen Schuko-Steckdosen – Schuko steht für Schutzkontakt – nicht sicher genug seien.
Die Meinungen dazu gehen aber stark auseinander. So sehen viele Anbieter und auch Verbände der Solarwirtschaft keine Probleme mit dem Anschluss an einen solchen Schuko-Stecker. Die speziellen Steckdosen sind besser isoliert, sie entsprechen der Norm für Energiesteckvorrichtungen mit Schutzkontakt und sie haben eine eigene Zuleitung. Die spezielle Steckdose muss zudem von einer Elektrofachkraft installiert werden. Bei kleinen Balkonkraftwerken mit vergleichsweise geringer Leistung fallen solche Kosten ins Gewicht. Erst recht, wenn sie in den Augen vieler Fachleute unnötig sind. In Österreich und der Schweiz beispielsweise ist es normal, die Balkonkraftwerke an die „normale“ Steckdose anzuschließen. Zumindest, sofern sie und der Stromkreis im Haus in Ordnung sind. In Deutschland kann man es ebenso machen, muss sich aber dessen bewusst sein, damit die entsprechende Norm des Verbands der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) nicht einzuhalten.

Förderung und Lieferzeit
Wenn es um den wirtschaftlichen Betrieb einer Photovoltaik-Anlage geht, spielt bei größeren Solaranlagen das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit seinen Einspeisevergütungen eine wichtige Rolle. Bei Balkonkraftwerken ist das anders. Nicht nur, dass solche Anlagen von vornherein dem Eigenverbrauch dienen sollen. Selbst wenn man einen Teil des erzeugten Stroms trotzdem nicht im eigenen Haushalt nutzen kann, sind die Mengen überschüssigen Stroms doch so gering, dass es den Aufwand und die Kosten nicht lohnen würde, separate Zähler und Abrechnungen einzurichten, um einige wenige Euro an Einspeisevergütung zu erzielen.
Auf Förderung muss man trotzdem nicht unbedingt verzichten. Zahlreiche Kommunen und Länder wollen diese Art der unkomplizierten Stromerzeugung vorantreiben und sie einer möglichst breiten Bürgerschaft erschließen. Daher haben viele von ihnen Programme aufgelegt, die beispielsweise den Kauf dieser Geräte finanziell unterstützen. Es lohnt sich, im Bürgerbüro, Rathaus oder bei der örtlichen Energieberatung danach zu fragen, welche Möglichkeiten es gibt.
Mit dem im Dezember 2022 gebilligten Jahressteuergesetz kam ein weiteres Schmankerl hinzu: Der Gesetzgeber hat damit die Umsatzsteuer für Photovoltaik-Kleinanlagen sowie deren Lieferung und Installation auf 0 Prozent gesenkt. Bislang wurden 19 Prozent fällig, die zum Nettopreis der Geräte hinzukamen. Doch Vorsicht: Nicht alle Händler geben diese Senkung eins zu eins an ihre Kunden weiter. Dennoch sorgt diese Änderung für sinkende Preise auf dem Markt und eine weitere Verbreitung der Balkonkraftwerke. Genau das wollte der Gesetzgeber damit erreichen.

Achtung, Stolperfallen
Vor dem Einschalten eines Balkonkraftwerks können allerdings noch Vermieter oder Nachbarn dazwischenfunken. Grundsätzlich ist die Installation von Balkonkraftwerken auch ohne Zustimmung von Vermietern oder Nachbarn erlaubt. Es gelten jedoch die üblichen Ausnahmen – etwa, dass es mitunter verboten ist, die Bausubstanz zu verändern, etwa Löcher in Außenwände zu bohren, oder ganz allgemein das äußere Erscheinungsbild eines Gebäudes substanziell zu verändern. Inwieweit das für ein, zwei Solarmodule an der Brüstung zutrifft, wird unterschiedlich bewertet. Vermieter sind bereits vor Gericht damit gescheitert, die Entfernung eines Balkonkraftwerks ihrer Mieter zu verlangen. Ein in Mecklenburg-Vorpommern initiiertes Landesprogramm zur Förderung solcher Geräte hauptsächlich in Mietwohnungen verfehlte sein Ziel indes überwiegend. Nicht, dass die Nachfrage nicht groß gewesen wäre. Mieter hielten sich jedoch zurück. Als Hauptgrund wurden etwaige Bedenken der Vermieter genannt. Es lohnt sich daher, Vermieter und Nachbarn frühzeitig in die Pläne einzubeziehen. Wer weiß, vielleicht gibt es sogar noch mehr Interessenten und der Preis für eine Sammelbestellung sinkt?

Und noch etwas anderes in die eigene Kalkulation einzurechnen: Wartezeit. Viele Anbieter kommen derzeit mit der Lieferung nicht nach. Ein Grund dafür ist die hohe Nachfrage, ein anderer unterbrochene Lieferketten. Das sollte einen jedoch nicht davon abhalten, sich für ein Balkonkraftwerk zu entscheiden, wenn die individuellen Voraussetzungen stimmen. Die Sonne läuft nicht weg und Strom sparen ist immer sinnvoll – auch wenn man nicht sofort damit loslegen kann.

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Fazit
Es gibt wenig Argumente, die gegen Balkonkraftwerke sprechen. Sie sind zwar nicht die Lösung aller Energieprobleme und können auch nicht den gesamten Strombedarf eines Haushalts decken. Dafür sind sie aber auch nicht konzipiert. Vielmehr sind sie ein einfacher Weg, regenerative Energien auch für Zielgruppen zu erschließen, denen sie bisher weitgehend verwehrt waren. Sie tragen einen kleinen, aber feinen Teil zur Deckung des eigenen Energiebedarfs bei, und das auf unkomplizierte und (fast) unbürokratische Weise. An den Anblick müssen sich manche Menschen vielleicht noch gewöhnen – aber Neues hat es in der Anfangsphase immer schwer, bevor es zum Selbstverständlichen wird.


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