Photovoltaikanlagen für die Steckdose: praktisch und beliebt
Was früher gerne als Guerilla-Anlage bezeichnet wurde, ist heute ganz und gar legal: Plug-in-Photovoltaikmodul, steckerfertige PV-Anlage, Stecker-Solargerät, Balkon-PV-Modul und Balkonkraftwerk sind nur einige der Namen für die besonders einfach zu installierenden Kleinstanlagen. Mit neuen Gesetzen beschleunigt die Bundesregierung jetzt den Ausbau der Photovoltaik. Im Bereich der Balkonsolaranlagen heißt das Leistungssteigerung, Vereinfachung, Abbau von Hürden und Entbürokratisierung. Wir haben alle Fakten zusammengetragen, zeigen auf, was eine Mini-Solaranlage ausmacht und was beim Kauf zu beachten ist.
Ausgangspunkt für die Neuerungen war das sogenannten „Osterpaket“ der Bundesregierung. Dieses mündete in die „PV-Strategie des BMWK“ (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz). Unsere News vom 28. April 2023 zum Thema Balkonkraftwerke stellte die betreffenden fünf Punkte als Ist und Soll gegenüber. Die im August 2023 durch das Bundeskabinett gebilligten Änderungen („Solarpaket I“) sind am 26. April 2024 in Kraft getreten.
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Die Technik hinter einer Mini-Solaranlage
Die kleinen Photovoltaikanlagen werden als Plug-in-, also Stecker-Systeme geliefert. Genauso wie große Solaranlagen bestehen sie aus monokristallinen oder polykristallinen Solarmodulen, die je nach Beschaffenheit der Oberfläche einen Wirkungsgrad von 15 bis 20 Prozent erreichen.
Nutzung ohne und mit Batteriespeicher
Wird das Kleinstkraftwerk nur für den Direktverbrauch genutzt, reichen wenige Komponenten aus:
- Ein bis vier Solarmodule
- Gleich- und wechselspannungsseitige Verkabelung
- Wechselrichter
- Steckvorrichtung
- Zähler mit Rücklaufsperre oder Zweirichtungszähler
Bei neuen Balkonkraftwerken sitzt der Wechselrichter normalerweise direkt an der Seite oder der Rückseite des Solarpanels. Sieht man ihn nicht, ist er bereits ins Gerät integriert. So besteht weniger Gefahr, dass sich Kabel verheddern oder brechen.
Ist ein zeitlich versetzter Verbrauch vorgesehen, kommen noch hinzu:
- Batteriespeicher
- Laderegler
Diese Investition sollte allerdings wohl überlegt sein. Die Zusammenhänge zwischen Stromerzeugung, Stromverbrauch und Kosteneinsparung sind auf jeden Fall hochinteressant. Dazu gehört natürlich auch das Beobachten, wie sich die Speicherung überschüssiger Energie auf die Haushaltskasse auswirkt (zumal sie ohnehin nur dem Netzbetreiber zufließt). Dies ist allerdings so gering, sodass sich das Speichern von Solarstrom aus der Minianlage fast nie lohnt. Hierin unterscheiden sich kleine Batteriespeicher von den Stromspeichern zu großen Photovoltaikanlagen auf dem Dach oder an der Hausfassade.
„Einspeise-Stecker“ für die Sicherheit
Was die Komponenten betrifft, unterscheidet sich eine Mini-Solaranlage also nur in einem Punkt von einer netzgekoppelten Photovoltaikanlage: die „Steckvorrichtung“. Dahinter verbirgt sich ein Stecker mit Wechselspannung, den man einfach in eine Steckdose steckt – und schon fließt der Strom aus dem PV-Modul in den hauseigenen Endstromkreis, das sogenannte Hausstromnetz. Der erforderliche (Mikro-)Wechselrichter ist zumeist in das Plug-in-Modul integriert. Wenn nicht, liegt dem Paket ein passendes Modell bei.
Beim Stecker herrscht zurzeit allerdings noch Uneinigkeit. Herkömmliche Balkonkraftwerke sind mit einem Schuko-Stecker ausgestattet. Der Anschluss an eine haushaltsübliche Schutzkontaktsteckdose ist zwar durchaus zulässig, der VDE empfiehlt jedoch spezielle Energiesteckdosen (z.B. nach VDE V 0628-1).
Die Begründung: Bei einem Schuko-Stecker besteht die Gefahr eines elektrischen Schlags. Sobald eine Mini-Solaranlage dem Licht ausgesetzt ist, produziert sie Strom – und solange der Stecker nicht eingesteckt ist, stehen die berührbaren Steckerstifte unter Spannung. Modelle wie der Wieland RST® (Rundstecker) CLASSIC-Steckverbinder, bekannt als Wieland-Stecker, weisen den geforderten Berührungsschutz auf. Die normale Steckdose muss dann nur noch durch die passende Energiesteckdose ersetzt werden.
Die gleiche Sicherheit bei der Nutzung mit einem Schuko-Stecker erfordert einen speziellen Wechselrichter mit Sicherheitsschaltungen und einer entsprechenden Isolationskoordination. Außerdem muss die Abschaltung schnell erfolgen, wenn der Stecker mal unbeabsichtigt gezogen wird.
Montage und Betrieb der Stecker-Solaranlage
Angebracht werden kann eine Mini-Solaranlage an vielen Orten – wie auf dem Dach, an der Fassade oder dem Balkon, auf der Garage oder im Garten.
Die Montage ist in der Regel einfach und kann auch von Laien übernommen werden. Die Befestigung erfolgt mittels Aufständerungsdreiecken aus Stahl oder Aluminium, die neben einer sicheren Halterung auch die richtige Neigung gewährleisten. Auf einen stabilen Sitz der Schrauben ist besonders zu achten, damit die Anlage auch starken Windböen standhält.
Häufig ist zu lesen, dass man für den Betrieb einer Stecker-Solargeräts keine Zustimmung der Eigentümergemeinschaft oder des Vermieters braucht. Dies ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Da der produzierte Strom ins Hausnetz eingespeist wird, findet immerhin ein Eingriff statt. Wird die Anlage jedoch fachgerecht und leicht rückbaubar installiert und werden weder die bauliche Substanz noch die Optik der Immobilie beeinträchtigt, darf ein sogenanntes Balkonkraftwerk betrieben werden. Und zwar als Beitrag zum Umweltschutz, der als Staatsziel im Grundgesetz (Artikel 20a) vereinbart ist. Fazit: Der Vermieter muss zwar gefragt werden, darf aber nicht ablehnen. Allerdings sehr wohl, wenn das Mini-Kraftwerk gut sichtbar angebracht wird, wie beispielsweise an der Balkonbrüstung oder der Hausfassade.
Grundsätzlich müssen Photovoltaikanlagen von einem Elektro-Fachbetrieb angeschlossen werden. Beträgt die Leistung maximal 800 Watt, dürfen die Betreiber ihre Anlage auch selber anschließen.
Die gleiche Leistungsgrenze gilt für die Anmeldung beim Netzbetreiber. Zwar sind auch kleine Kraftwerke ans Stromnetz angeschlossen, doch neuerdings greift nur noch für die großen Dach- und Fassadenanlage die Meldepflicht. Die Eintragung im Marktstammdatenregister (MaStR) ist dagegen unverzichtbar, denn nur damit können konkrete Zahlen für die Anzahl und den Leistungsumfang aller betriebenen Geräte vorliegen. Für die mittlerweile minimierte Datenerhebung fallen keine Kosten an.
Neu: Nutzung von Balkonkraftwerken erleichtert
Am 26. April 2024 wurde das am 16. August 2023 im Kabinett beschlossene 5-Punkte-Paket im Bundestag und in der Länderkammer verabschiedet. Hier sind alle Novitäten noch einmal zusammengefasst:
- Meldepflicht vereinfacht: Um den Bürokratieaufwand zu verringern, wurde die Meldung im Marktstammdatenregister (MaStR) entschlackt und die Anmeldung beim Netzbetreiber aufgehoben.
- Aufnahme in den Katalog privilegierter Maßnahmen im WEG/BGB: Mit dieser Aufnahme haben Wohnungseigentümer und Mieter nun einen Anspruch auf den Betrieb ihres Gerätes.
- Schwelle von 600 auf 800 Watt erhöht: Damit folgt die Bundesregierung den Regelungen anderer EU-Ländern. Laut EU-Verordnung 2016/631 ist eine Signifikanz bei Stromerzeugungsanlagen ohnehin erst oberhalb von 0,8 kW Wechselstromleistung gegeben.
- Rückwärtsdrehende Zähler vorübergehend geduldet: Damit können Betreiber ein Steckersolargerät sofort nach dem Kauf nutzen. Die Duldung währt jedoch nur solange, bis der Verteilnetzbetreiber den nötigen Zählerwechsel vornimmt.
- Für die Zulassung des Schuko-Steckers als „Energiesteckvorrichtung“ muss zuerst die VDE-Norm geändert werden (erwartet Herbst bis Ende 2024). Das Risiko eines Stromschlags oder Brandes wurde bei einem Wechselrichter mit Netz- und Anlagenschutz nun als gering eingestuft. Nicht jedoch der Betrieb von Steckersolargeräten an einer Mehrfachsteckdose, der weiterhin verboten bleibt.
Ertrag und Kosten: Was eine Mini-Photovoltaikanlage wirklich bringt
Die Angebote können Interessenten schon verwirren. Auf der einen Seite sind maximal 800 Watt zugelassen, angeboten werden aber oft 2 x 460 oder sogar 2 x 550 Watt-Peak Wie passt das zusammen? Ganz einfach: Die erste Zahl ist die Nennleistung, d.h. die Anschlussleistung des Wechselrichters. Der andere Wert bezeichnet die Maximalleistung, die ein Mini-Solarmodul erreichen kann – was aber praktisch nie der Fall ist. Bei guten Bedingungen ist immerhin eine Ausbeute von etwa 700 kWh drin.
Dem gegenüber stehen die Kosten:
- Anschaffungskosten: Bei den meisten Angeboten weisen die Steckermodul-Geräte die o.g. Daten auf. Deren Preisspanne liegt je nach Hersteller und Händler bei 500 bis 700 Euro plus ca. 100 bis 150 Euro für die Aufständerung bzw. Balkonhalterung (Stand: April 2024). Wie hoch der Ertrag damit liegt, richtet sich nach den Standortfaktoren geographische Lage und Azimut. Wer seine Mini-Solaranlage auf einen Südbalkon stellt, nutzt die Energie der Sonne optimal. Auch Dächer und Terrassen mit Ost- und Westausrichtung ermöglichen gute Erträge.
- Installationskosten: Da sowohl die Energiesteckvorrichtung als auch die Installation durch eine Elektrofachkraft wegefallen sind, werden die früher üblichen Kosten von ca. 250 Euro eingespart.
- Zählerkosten: Üblicherweise baut der Netzbetreiber den Zähler ein und berechnet für den Betrieb meistens 40 Euro pro Jahr. Kauft man den Einspeisezähler oder Zweirichtungszähler selbst, fallen dafür je nach Ausstattung Kosten zwischen ca. 100 und 250 Euro
Eine Beispielrechnung
Eine Mini-Solaranlage mit einer Maximalleistung von 2×460 Wp erzeugt im Mittel 600 kWh pro Jahr. Bei einem durchschnittlichen Strompreis des Netzbetreibers von 40 Cent/kWh spart der Besitzer also jedes Jahr 240 Euro an Stromkosten. Bei einem Anschaffungspreis von 700 Euro und Zählerkosten von 200 Euro hat sich die Mini-Photovoltaikanlage nach knapp 4 Jahren amortisiert. Klettert der Strompreis weiter, verkürzt dies die Amortisationsdauer natürlich. Den gegenteiligen Effekt haben eventuell anfallende Reparaturen nach dem Ende der Garantiezeit.
In der Regel sind die kleinen Kraftwerke wartungsarm. Für den Fall eines Defekts sollten Reparaturen jedoch nur vom Fachpersonal durchgeführt werden. Viele Hersteller bieten eine mehrjährige Garantie, die gewöhnliche Schäden abdeckt.
Fazit
Mini-Solaranlagen sind eine günstige Möglichkeit, die Energie der Sonne im Privatbereich auf kleinen Flächen zu nutzen und einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Im Normalfall wird der erzeugte Strom im Hausstromnetz verbraucht, da eine Einspeisung ins Stromnetz unwirtschaftlich ist. Die Anmeldepflicht beim Netzbetreiber und im Marktstammdatenregister besteht in beiden Fällen. Je nach Strompreis und Sonneneinstrahlung rechnen sich steckerfertige PV-Anlagen vier bis fünf Jahren.
Die von der Bundesregierung verabschiedeten Erleichterungen sollen vor allem die Bereitwilligkeit zur Installation einer (größeren) Mini-Solaranlage fördern. Mit diesen Maßnahmen werden die Anschaffungskosten nicht fallen. Der Einbau einer Energiesteckdose und die doppelte Anmeldung erübrigen sich nun jedoch. Außerdem senkt der Betrieb einer leistungsstärkeren Geräts dessen Amortisationsdauer.
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