Solarthermie versus Photovoltaik: Was soll aufs Dach?
Eine nutzbare, sonnenbeschienene Dachfläche und der Wunsch nach einem nachhaltigeren, ökologischeren Leben – so beginnt für viele die Auseinandersetzung mit dem Thema Solarenergie. Bevor es jedoch zu sehr ins Detail geht, muss zunächst einmal eine grundsätzliche Entscheidung getroffen werden: Soll die Anlage Strom liefern oder Wärme für die Wasserversorgung und die Unterstützung der Heizung? Das hängt zum einen vom eigenen Bedarf ab. Zum anderen gibt es aber auch einige gravierende technische Unterschiede. Wer am liebsten „Beides!“ antworten würde, findet ebenfalls Lösungen. So können zwei Anlagen parallel auf das Dach montiert werden. Mittlerweile gibt es außerdem Hybridmodule, die sowohl Strom als auch Wärme erzeugen können. Alle Optionen haben ihre Vorteile, aber auch Nachteile. Nach dem Lesen dieses Beitrags werden Sie der Entscheidung, die im individuellen Fall am besten passt, (mindestens) einen Schritt näher sein.

Die Solarthermie ist keine simple, aber die einfachste der genannten Technologien. Leicht verständlich ausgedrückt, gewinnt sie mittels Solarkollektoren Wärme aus der Sonnenstrahlung, die über eine Trägerflüssigkeit ins Hausinnere weitertransportiert wird. Dort wird die Wärme zur Nutzung gespeichert beziehungsweise an die Wasserhähne und gegebenenfalls die Heizkörper weitergeleitet. Die nun wieder kühle Flüssigkeit des Systems fließt in einem von einer Pumpe angetriebenen Kreislauf zu den Kollektoren zurück und erwärmt sich erneut.

Unterschieden wird zwischen Anlagen, die lediglich der Aufbereitung von Warmwasser dienen, und solchen, die zusätzlich zur Heizungsunterstützung genutzt werden können. Letztere benötigen aufgrund der höheren Leistung auch mehr Solarkollektoren und damit mehr Dachfläche. Die Systeme sind ausgereift und nicht sehr störanfällig. Ob sie sich im Einzelfall lohnen, hängt vor allem von ihrer Dimensionierung, dem Standort der Immobilie beziehungsweise der Lage des Daches sowie dem eigenen Warmwasserverbrauch und der Heizungsnutzung ab.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang der solare Deckungsgrad, der beschreibt, wie viel der benötigten Wärmenergie die Solaranlage liefern kann. Bei der Nutzung zur Warmwasserbereitung sind 50 bis 60 Prozent marktüblich. Wird zusätzlich die Heizungsanlage unterstützt, sind es noch etwa 30 Prozent. Hier müssen die Kosten einer potenziellen Anlage mit dem individuellen Verbrauch über die Jahre gegengerechnet werden. Ist die Ersparnis größer als die Investition, fällt die Entscheidung leicht.
Stromversorgern ein Schnippchen schlagen
Auch die Photovoltaik nutzt Sonnenenergie – aber nicht zur Wärme-, sondern zur Stromerzeugung. Dahinter steckt ein anderes technisches Prinzip: Solarzellen nehmen einen Teil der Sonnenstrahlung auf und wandeln den erzeugten Gleichstrom über einen sogenannten Wechselrichter in Haushaltsstrom um. „Eine Photovoltaik-Anlage kommt in Frage, wenn ein möglichst großer Teil des erzeugten Stroms selbst verbraucht wird, da die eingesparten Kosten je Kilowattstunde deutlich über der Einspeisevergütung liegen“, schreibt zum Beispiel die Verbraucherzentrale hierzu. Die Einspeisevergütung liegt mittlerweile bei unter 7 Cent pro kWh, während Energieversorger in der Regel weit über 30 Cent für eine Kilowattstunde berechnen. Wer selbst erzeugten Strom nutzt, kann sich das sparen, muss aber natürlich die Kosten für die Anlage gegenrechnen. Für Singlehaushalte lohnt sich das nicht. Bei Haushalten mit drei, vier oder mehr Personen kann sich die Investition im hohen vier- bis niedrigen fünfstelligen Euro-Bereich aber langfristig auszahlen. Solarthermie-Anlagen sind günstiger, rechnen sich im Schnitt aber auch erst bei drei oder mehr Wasserverbrauchern im Haushalt.

Was bei einer Solarthermie-Anlage der solare Deckungsgrad ist, kann bei einer Photovoltaik-Anlage mit dem Autarkiegrad verglichen werden. Er sagt aus, wie viel des Bedarfs durch die Erzeugung eigenen Stroms gedeckt werden kann. Bei Systemen mit einem zusätzlichen Batteriespeicher, der überschüssige Energie speichern und zu Zeiten abgeben kann, wenn die Sonne nicht scheint, kann durchaus ein Autarkiegrad von 70 Prozent erreicht werden. Eine Alternative für kleine Haushalte, für die sich Photovoltaik nicht lohnt, ist selbstredend immer, Strom möglichst smart und sparsam zu nutzen.

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Entweder? Oder? Beides!
Wer kaum genug von der Sonne kriegen kann, hat weitere Möglichkeiten: die Installation zweier paralleler Anlagen auf dem Dach oder die Nutzung von Hybridmodulen. Das kann sinnvoll sein – muss es aber nicht. Nutzer, die zwei Systeme installieren und betreiben, nehmen damit auch mehr Komplexität, höhere Kosten und gegebenenfalls eine größere Fehleranfälligkeit in Kauf. Sofern genug Dachfläche vorhanden ist und sowohl der Wärme- als auch der Strombedarf im eigenen Haus zu einem guten Teil damit gedeckt werden kann, kann sich die Anschaffung aber durchaus lohnen.

Eine andere Option ist die Nutzung sogenannter Hybridkollektoren, die nach dem Prinzip „2 in 1“ arbeiten. Sie vereinen sowohl Solarkollektoren (für die Solarthermie) als auch Solarzellen (für die Photovoltaik) in einer einzigen Komponente. Klingt gut, ist es aber nur bedingt, weil ein klassischer Zielkonflikt zugrunde liegt. Solarkollektoren für die Wärmegewinnung arbeiten bei hohen Temperaturen besonders effizient, während Solarzellen leistungsfähiger sind, je kühler sie sind. Je besser das eine funktioniert, desto schlechter das andere. Solange für dieses Problem keine überzeugende Lösung gefunden wurde, dürften sich Hybridkollektoren nur in Spezialfällen lohnen – etwa, wenn beides genutzt werden soll, die Dachfläche aber begrenzt ist. Ansonsten sind in der Regel zwei parallele Systeme vorzuziehen. Dann kann das stromerzeugende beispielsweise gekühlt werden und beide arbeiten mit Höchstleistung.
Es gibt noch einen Kompromiss: die sogenannte Power-to-Heat-Technologie. Dabei wird der durch Photovoltaik gewonnene Strom zur Wärmeerzeugung und zum Betrieb der Heizung eingesetzt. Das ist zwar um die Ecke gedacht und war lange verpönt, weil zur Stromerzeugung lange hauptsächlich fossile Rohstoffe verwendet wurden. Eine unökologische Verschwendung, wenn man die Sonnenenergie auch direkt zur Wärmegewinnung nutzen kann. Die dafür nötigen Elektrokessel oder Wärmepumpen sind aber mittlerweile sehr viel effizienter geworden. Darüber hinaus ist der mit Sonnenstrahlung erzeugte Strom umweltfreundlich. Es spricht also heutzutage sehr viel weniger dagegen, überschüssig produzierten Solarstrom in Heizwärme umzuwandeln und sie so zu nutzen oder zu speichern.

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