Ist es sinnvoll, einen Stromspeicher nachzurüsten?
Teuer und ineffektiv. Mit diesem Vorwurf mussten die ersten Photovoltaik-Stromspeicher vor rund zehn Jahren noch leben. Wie bei jeder neuen Technologie braucht es eine Weile, bis sie sich durchsetzt – sofern sie gut genug ist und tatsächlich Vorteile bringt. Die Weile ist um: Zusätzlich getrieben von der Ukraine-Krise, nimmt die Zahl solcher Speicher rasant zu. Berichtete der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) 2013 noch von gerade einmal 5.000 solcher Heimspeicher in Deutschland, waren 2021 bereits 413.000 im Bestand. Allein der Zuwachs zum Vorjahr 2020 betrug rund 60 Prozent. Stromspeicher für den Hausgebrauch boomen also, keine Frage.
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Trotz der wachsenden Zahl an Nutzern sind die Speicher nach wie vor nicht günstig. Die Preise reichen, je nach Modell und Dimensionierung, von einem mittleren vier- bis zu einem fünfstelligen Euro-Betrag. Aufgrund der hohen Nachfrage, eines Chipmangels und unterbrochener Lieferketten ist in absehbarer Zeit nicht von einem signifikanten Preisnachlass auszugehen.
Trotzdem entscheidet sich mittlerweile mehr als die Hälfte bei der Neuinstallation einer PV-Anlage für einen Batteriespeicher. Das kann durchaus sinnvoll sein, kann doch vom Start weg viel mehr Strom für den Eigenverbrauch genutzt werden als ohne Speicher. Je weiter der Strompreis steigt, desto größer ist der finanzielle Nutzen, wenn man weniger davon von einem Energieversorger beziehen muss.
Nachrüstung kann unter bestimmten Bedingungen sinnvoll sein
Bei einer Nachrüstung sieht das mitunter anders aus. Hier muss sehr genau abgewogen werden, ob sie sinnvoll ist. Die Verbraucherzentrale etwa kommt zu einem recht eindeutigen Ergebnis: „Rein finanziell lohnt sich derzeit das Nachrüsten von Batteriespeichern in bestehenden Photovoltaikanlagen meist noch nicht.“ Entscheidend sei vor allem, wie hoch die Einspeisevergütung ist und wie lange diese noch gezahlt wird. Ist die Anlage noch recht neu und erhält man deswegen auch nur eine vergleichsweise geringe Einspeisevergütung, kann sich die Nachrüstung bei insbesondere bei weiter steigenden Stromkosten lohnen. Anlagen, die älter, aber noch keine 20 Jahre alt sind, profitieren derzeit noch von hohen Einspeisevergütungen, von denen Neuanlagen-Besitzer heute nur träumen können. Bei diesen Anlagen rechnet sich der kostspielige Zubau eines Speichers kaum. Anlagen, die wiederum älter als 20 Jahre sind, fallen aus der Förderung heraus. Hier kann die Nachrüstung wieder zur attraktiven Option werden – sofern man davon ausgeht, dass die PV-Anlage noch lange ihren Dienst verrichtet.
Geld ist nur ein Aspekt von vielen
Bis hierher haben wir das Thema aus rein finanziellen Gesichtspunkten betrachtet. Es gibt aber noch weitere Gründe, die die nachträgliche Anschaffung eines Speichers in positivem Licht erscheinen lassen. Zum einen sind es ökologische Argumente. Sicher, auch die Produktion eines Batteriespeichers verbraucht wertvolle Rohstoffe und Energie. Die Auswahl am Markt ist aber groß. So sind Modelle mit dem giftigen Schwermetall Blei zwar günstiger, aber auch weniger leistungsfähig als Lithium-Ionen-Akkus. Es lohnt sich also an dieser Stelle, etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen.
Zum anderen sind es persönliche Argumente. Man muss gar nicht so weit gehen wie der BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten König, der die Anschaffung von Solaranlagen und Speichern zur „Energie-Unabhängigkeitserklärung“ adelte. Sein Punkt ist aber treffend: Mit einem Batteriespeicher steigert man die Eigenverbrauchsquote und damit den Nutzen der PV-Anlage. Gleichzeitig kann man sich zumindest ein gutes Stück weit aus der Preisspirale der öffentlichen Energieversorger befreien.
Wann lohnt sich eine Nachrüstung konkret?
Einspeisevergütung, Stromkosten, Laufzeiten – das alles klingt komplizierter, als es ist. Drei Beispiele veranschaulichen, wie Sie berechnen können, ob sich die Nachrüstung eines Speichers für Sie lohnt.
5 Jahre alte
PV-Anlage (2017) | 15 Jahre alte
PV-Anlage (2007) | 25 Jahre alte
PV-Anlage (1997) | |
---|---|---|---|
Strombedarf Vier-Personen-Haushalt | 4.000 kWh | 4.000 kWh | 4.000 kWh |
Stromerzeugung PV-Anlage mit 4 kWp | 4.000 kWh | 4.000 kWh | 4.000 kWh |
Einspeisevergütung pro kWh | 12 Cent/kWh (2017) | 49 Cent/kWh (2007) | —————— |
Stromkosten externer Bezug (Stand 1. Halbjahr 2022) | 37 Cent/kWh | 37 Cent/kWh | 37 Cent/kWh |
Eigenverbrauch ohne Speicher (25 Prozent) | 1.000 kWh | 1.000 kWh | 1.000 kWh |
Einspeisevergütung für den Rest | 3.000 kWh*12 Cent=360 Euro | 3.000 kWh*49 Cent=1.470,00 Euro | 0 Euro, Verkauf zum Marktpreis möglich |
Nötiger Zukauf ohne Speicher | 3.000 kWh*37 Cent=1.110 Euro | 3.000 kWh*37 Cent=1.110 Euro | 3.000 kWh*37 Cent=1.110 Euro |
Kosten ohne Speicher im Jahr | 750 Euro | -360 Euro | 1.110 Euro |
Eigenverbrauch mit Speicher (60 Prozent) | 2.400 kWh | 2.400 kWh | 2.400 kWh |
Einspeisevergütung für den Rest | 1.600 kWh*12 Cent=192 Euro | 1.600 kWh*49 Cent=784 Euro | 0 Euro, Verkauf zum Marktpreis möglich |
Nötiger Zukauf mit Speicher | 1.600 kWh*37 Cent=592 Euro | 1.600 kWh*37 Cent=592 Euro | 1.600 kWh*37 Cent=592 Euro |
Kosten mit Speicher im Jahr | 400 Euro | -192 Euro | 592 Euro |
Die Beispiele arbeiten mit realistischen, aber angenommenen Werten. Sie können sich in der Praxis dynamisch entwickeln oder hängen von der individuellen Dimensionierung der Anlage und dem eigenen Stromverbrauch ab. Anhand des Schemas können Sie aber jederzeit die aktuellen beziehungsweise für Sie zutreffenden Werte einsetzen.
Beispiel 1 zeigt: Bei einer recht jungen Anlage können die Kosten mit einem Batteriespeicher zwar gesenkt werden, aber nur begrenzt. Wählt man einen 10.000 Euro teuren Speicher, hätte sich die Investition durch die Kostenersparnis von 350 Euro im Jahr erst in 28,5 Jahren amortisiert. Mit günstigeren Modellen ist eine Amortisation dagegen durchaus in vertretbarer Zeit erreichbar. Je geringer die Einspeisevergütung und je höher der Strompreis ist, umso eher macht sich ein Stromspeicher bezahlt.
Beispiel 2 zeigt: Bei einer alten, aber nicht zu alten PV-Anlage lohnt sich ein Batteriespeicher nicht. Aufgrund der hohen Einspeisevergütung, die über dem Preis für den Bezug von Fremdstrom liegt, ist es wirtschaftlicher und bringt einen höheren Ertrag, den zu viel erzeugten Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen.
Beispiel 3 zeigt: Bei einer vergleichsweise alten Anlage können die Stromkosten mit einem Batteriespeicher signifikant gesenkt werden. Es muss aber die Frage gestellt werden, wie lange die Anlage noch in Betrieb ist und ob sich die Nachrüstung für die Restlaufzeit noch auszahlt. Zu bedenken ist bei solch alten Anlagen außerdem, dass sie nicht mehr die Leistung bringen, sprich: weniger Strom erzeugen, als sie es noch in ihren jungen Jahren taten. Auch das sollte in eine Kosten-Nutzen-Berechnung einfließen.
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