Das EEG 2023 verleiht Solaranlagen neuen Schub
Osterpaket – das hört sich nach Häschen und Geschenken an. Das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geschnürte Maßnahmenbündel hat jedoch ganz handfeste Ziele. Es soll den Ausbau der erneuerbaren Energien fördern und beschleunigen. Als Teil dieses Pakets wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) novelliert. Für Betreiber von Photovoltaik-Anlagen änderte sich im EEG 2023 eine Menge im Vergleich zum bis dato geltenden EEG 2021. Die Bundesregierung selbst nannte das Gesetz „die umfassendste Novelle des EEG seit dessen Bestehen“.
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Seine Ziele sind ehrgeiziger als zuvor. Nicht nur, dass in ihm gesetzlich der Grundsatz verankert wird, dass die Nutzung erneuerbarer Energien „im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient“. Das stärkt ihre Position, wenn beispielsweise bei Entscheidungen zwischen verschiedenen Rechtsgütern abgewogen werden muss. Es legt auch fest, dass der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 auf mindestens 80 Prozent steigen soll. Bislang lag die Zielvorgabe bei 65 Prozent. Das Gesetz trat Ende Juli 2022 in Kraft. Manche Regelungen gelten damit schon, andere werden erst zum Jahresanfang 2023 gültig.
Keine EEG-Umlage mehr
Bereits zum 1. Juli 2022 hatte die Bundesregierung mit dem Gesetz die für viele leidige EEG-Umlage auf Null gesetzt. 2023 wird sie komplett abgeschafft. Mehr als 20 Jahre lang wurde sie erhoben, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu fördern. Sie tauchte als Posten auf der Stromrechnung auf und hatte sich auf hohem Niveau zwischen 6 und 7 Cent pro kWh eingependelt. Da der Strompreis insgesamt immer weiter stieg, wurde sie bereits 2022 auf 3,7 Cent nahezu halbiert. In früheren Zeiten war sie ein regelmäßiges Ärgernis, da viele Energieanbieter die Umlage als Vorwand für Preiserhöhungen nutzten, obwohl sie nur einen kleinen Teil des gesamten Strompreises ausmacht. Nun, nach der Kürzung beziehungsweise Abschaffung hätte der Strompreis für die Verbraucher eigentlich sinken müssen. Aufgrund der geopolitischen Situation steigen die Preise jedoch weiter. Ein schwacher Trost ist, dass er mit der Umlage wohl noch höher läge.
Höhere Einspeisevergütung für Neuanlagen
Zum 30. Juli 2022 trat dann eine der wichtigsten Neuregelungen in Kraft: Seitdem werden wieder höhere Einspeisevergütungen für PV-Neuanlagen gewährt. Für Anlagen mit Teileinspeisung bis 10 kWp liegt sie bei 8,2 Cent pro kWh, bis 40 kWp bei 7,1 Cent und bei Anlagen mit 100 kWp, die im privaten Bereich allerdings keine Rolle spielen, bei 5,8 Cent. Für Anlagen mit Volleinspeisung liegen die Sätze noch höher: Hier gibt es 13 Cent pro kWh für kleine sowie 10,9 Cent für mittlere und große Anlagen.
Es gibt aber einige Details im Kleingedruckten: So muss die EU-Kommission die neuen Vergütungssätze erst noch freigeben. Wann das geschieht, steht noch nicht fest. Betroffene erhalten so lange die bisherigen Vergütungssätze. Nach der Freigabe erhalten sie eine Nachzahlung von ihrem Netzbetreiber über die Differenz. Für kleine Anlagen bis 10 kWp lag die Einspeisevergütung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes bei 6,24 Cent.
Des Weiteren wird zwischen fester Einspeisevergütung und Direktvermarktung unterschieden. Wer sich für letztere entscheidet – die bei größeren Anlagen ab 100 kWp Pflicht ist –, erhält um 0,4 Cent höhere Vergütungssätze als die oben genannten. Ob sich der Mehraufwand für den Weg über die Strombörse oder spezialisierte Anbieter lohnt, ist insbesondere für kleine Anlagen, wie sie auf oder an Privathäusern stehen, aber fraglich.
Eine weitere Neuerung: Die neuen Vergütungssätze bleiben mittelfristig konstant. Bislang wurde die Einspeisevergütung an den tatsächlichen Ausbau geknüpft und monatlich von der Bundesnetzagentur neu berechnet. Diese sogenannte Degression ist bis Anfang 2024 ausgesetzt. Wer sich also heute für eine Photovoltaik-Anlage entscheidet und mangels Handwerkerterminen erst später zum Zug kommt, kann trotzdem mit genau diesen Vergütungssätzen rechnen. Von 2024 an soll die Vergütung dann halbjährlich um ein Prozent sinken.
Mehr Förderung für alternative PV-Standorte
Bislang steht meist das Hausdach im Fokus, wenn von Photovoltaik die Rede ist. Es gibt aber noch sehr viel mehr Aufstellmöglichkeiten. Sie können beispielsweise dann sinnvoll sein, wenn sich das Dach nicht für eine PV-Anlage eignet, aber im Garten oder auf der Garage genug Platz ist. Alternativen wie diese werden mit dem neuen EEG erstmals gefördert, genauer: Solaranlagen, die nicht auf, am oder im Haus montiert werden. Für sie ist eine Einspeisevergütung von 7 Cent/kWh vorgesehen. Voraussetzung ist ein Nachweis, dass das Hausdach nicht für eine solche Anlage geeignet ist. Damit kann die PV für viele Menschen wieder interessant werden, die bisher keine Möglichkeit dazu hatten. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Anlagen teilweise sehr viel einfacher und günstiger installiert werden können als auf einem Hausdach. Genaueres soll durch eine separate Verordnung geregelt werden, die derzeit noch in Arbeit ist.
Es gibt aber noch mehr Flächen, wo Photovoltaik möglich wäre: Auch sie werden künftig in die reguläre Förderung überführt beziehungsweise aufgenommen. Das gilt etwa für PV auf Parkplätzen oder auf landwirtschaftlichen Flächen. Sogar Moorböden werden nun explizit im Gesetz genannt. Auch sie eignen sich für die Förderung von PV, wenn sie entwässert und landwirtschaftlich genutzt worden sind und mit der Errichtung der Solaranlage dauerhaft wiedervernässt werden.
Mehr Flexibilität für Betreiber
An den neuen Vergütungssätzen war es schon zu erkennen: Mit dem EEG 2023 wird viel stärker als bislang zwischen Anlagen unterschieden, die den gesamten erzeugten Strom ins öffentliche Netz einspeisen (Volleinspeisung) und solchen, die zum Teil dem Eigenverbrauch dienen (Teileinspeisung). Flexibilität wird hier fortan groß geschrieben. Zum einen ist ein „mal so, mal so“ möglich: Das Modell kann jährlich gewechselt werden, sofern das bis Ende November beim Netzbetreiber für das folgende Jahr angemeldet wird. Das kann beispielsweise sinnvoll sein, wenn der eigene Strombedarf über die Zeit signifikant steigt oder sinkt. Dann kann man immer wieder neu für die jeweils wirtschaftlichere Variante entscheiden.
Zum anderen wurden die Regelungen zur Mehrfachinstallation von PV-Anlagen auf einem Dach erleichtert. Künftig können zwei solcher Anlagen innerhalb von 12 Monaten angemeldet werden. Bislang musste man mit einer Erweiterung der Anlage mindestens zwei Jahre warten. Was sich zunächst kurios anhört, kann durchaus sinnvoll sein. Wer den Strom bislang selbst nutzen wollte, wurde häufig gewarnt, die Anlage nicht zu groß zu dimensionieren. Damit blieben mitunter Dachflächen frei, die durchaus noch hätten bebaut werden können. Nun können eine Anlage mit Volleinspeisung und eine mit Teileinspeisung kombiniert werden. Letztere liefert den Strom für den Eigenverbrauch und speist nur überschüssigen Strom ins öffentliche Netz ein – mit einer niedrigeren Einspeisevergütung. Bei der anderen Anlage mit Volleinspeisung kann man von der deutlich höheren Einspeisevergütung profitieren. Wechsel sind auch hier jährlich möglich. Einen Pferdefuß hat das Ganze: Die Anlagen müssen getrennt gemessen und abgerechnet werden, es sind also zunächst einmal zusätzliche Investitionen nötig.
Steuerfreiheit
Eine weitere kleine, aber bedeutende EEG-Neuregelung betrifft etwas größere Solaranlagen, die aber durchaus auch im Privatbereich anzutreffen sind. So waren bislang nur Anlagen bis 10 kWp von der Einkommens- und der Gewerbesteuer befreit. Ab 2023 liegt die Grenze bei 30 kWp.
Keine Wirkleistungsbegrenzung für Neuanlagen mehr
Freuen dürften sich viele potenzielle PV-Anlagenbetreiber auch, dass im kommenden Jahr die sogenannte 70-Prozent-Regelung wegfällt. Sie wurde ursprünglich eingeführt, um Netzüberlastungen zu vermeiden. Das EEG regelte das zuvor so, dass eine Fernsteuerungseinheit verbaut werden musste, mit der der Netzbetreiber die Anlage im Fall der Fälle einfach abschalten konnte. Damit griff er aber nicht nur in das Eigentum des Betreibers ein. Die Installation solcher Steuerungen ist zudem teuer und gerade für kleine Hausanlagen nicht wirtschaftlich. Daher wurde 2012 die 70-Prozent-Regelung als Alternative eingeführt. Wer seine Anlage nicht auf volle Leistung fährt, sondern höchstens auf 70 Prozent, konnte sich die Steuerungseinheit sparen. Das bedeutete allerdings Verluste für ihn, da die Anlage schließlich mehr Strom produzieren konnte. Insgesamt wurde damit kostbarer Strom verschenkt, weil mit angezogener Handbremse gefahren wurde. Für neue Anlagen bis 25 kWp gilt diese Wirkleistungsbegrenzung seit dem 15. September 2022 nicht mehr. Somit kann man sich auch den bislang nötigen Erzeugungszähler sparen. Für Bestandsanlagen bis 7 kWp wurde sie zum 1. Januar 2023 aufgehoben.
Mieterstrom zieht größere Kreise
Darüber hinaus haben sich zudem beim Mieterstrom Änderungen ergeben. Das ist Strom, der von Solaranlagen auf dem Dach eines Wohngebäudes erzeugt wird, direkt an die Bewohner in diesem Gebäude geliefert und von diesen verbraucht wird. Schon seit 2021, wird die Regelung nicht mehr auf das Wohnhaus begrenzt, sondern auf das Wohnquartier ausgeweitet – also auch auf die umgebenden Gebäude. Mit dem neuen Gesetz erhalten auch Mieterstromanlagen größer als 100 Kilowatt den Mieterstromzuschlag, was für innovative Quartierslösungen sehr hilfreich sein kann, vor allem bei komplett neu geplante Quartieren.
Vereinfachte Netzanfragen und -anschlüsse
Noch Zukunftsmusik ist ein vereinfachter und entbürokratisierter Netzanschluss für Solaranlagen. Anlagen bis zu 30 kWp soll man künftig einfach über ein Internetportal des Netzbetreibers anmelden können. Mit seiner schriftlichen Genehmigung wäre das Prozedere dann schon erledigt. Auch Netzanfragen für geplante PV-Anlagen sollen einfach über ein Webportal gestellt werden können – inklusive einer Frist, wie schnell die Netzbetreiber antworten müssen. Das braucht allerdings Zeit: Solche Portale müssen erst von 2025 an zur Verfügung gestellt werden.
Fazit
Das EEG 2023 wird erneuerbaren Energien zu einem weiteren Schub verhelfen, da es viele unnötige Regelungen abschafft und andere vereinfacht. Das Jahressteuergesetz 2022 hat noch mehr Neuerungen gebracht, von denen viele Solaranlagenbetreiber profitieren werden.
Guter Wille allein reicht allerdings nicht. Wer heute eine PV-Anlage planen und installieren lassen will, sieht sich mit Wartezeiten von mehreren Monaten konfrontiert. Es mangelt an ausreichend qualifiziertem Personal, und nicht nur daran: Auch die weltweiten Lieferketten stehen unter Druck und führen immer wieder zu massiven Lieferschwierigkeiten. Beides zusammen könnte zum Flaschenhals der ehrgeizigen Ausbauziele werden.