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Sinkende Netzbetreiber-Entgelte für eingespeisten Solarstrom
Was früher der entscheidende Anreiz für die Installation einer Photovoltaikanlage war, verliert immer weiter an Attraktivität: Die Einspeisevergütung hat mittlerweile ein derart niedriges Niveau erreicht, dass mit ihr alleine keine Anlage mehr wirtschaftlich betrieben werden kann. Wir erklären, warum das so ist – und welche Vergütung die Betreiber noch einige Jahre nach Ablauf der 20-Jahre-Förderung nutzen können.

Entwicklung der Einspeisevergütung
Am 1. April 2000 wurde mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegt, dass die Netzbetreiber allen Eigentümern einer Photovoltaikanlage für den Strom, den sie in das öffentliche Netz einspeisen, eine feste Einspeisevergütung zu zahlen haben. Auch heute noch wird die Höhe des Betrags vom Gesetzgeber monatlich für alle Neuanlagen festgelegt. Was sich ebenfalls nicht geändert hat: Die Einspeisevergütung bleibt über die Laufzeit von 20 Jahren konstant. Egal, wie sie sich entwickelt: Die Anlagenbetreiber betrifft es nicht, denn sie genießen Bestandsschutz. Ausschlaggebend für die Höhe der Einspeisevergütung ist einzig der Monat der Inbetriebnahme.

Was aber keineswegs konstant geblieben ist: In den letzten 20 Jahren hat sich die Einspeisevergütung nach dem EEG von nahezu 60 Cent auf mittlerweile unter 7 Cent pro Kilowattstunde verringert. Neuanlagen bis 10 kWp, die am 1. Januar 2022 ans Netz gingen, erzielen bereits nur noch 6,83 Cent/kWh. Bei größeren Anlagen liegen die Vergütungssätze sogar noch etwas niedriger. Grund für die monatliche Absenkung ist der steigende Zubau an Photovoltaikleistung.

Unter Zubau versteht man den Bau neuer Photovoltaikanlagen bzw. die dadurch erhöhte jährliche Photovoltaikleistung. Staatlicherseits erwünscht ist ein Jahresvolumen von 2.100 bis 2.500 Megawatt. Bewegt sich der Zubau in diesem Bereich, beträgt die monatliche Degression 0,4 Prozent („Basisdegression“). Je höher der sogenannte „anzulegende Wert“ liegt, desto stärker steigt diese Absenkung (§ 49 EEG). Bereits seit Längerem wird der Wert um über 1.000 MW überschritten, was eine auf 1,4 Prozent erhöhte monatliche Degression bedeutet. Nur, wenn künftig deutlich weniger PV-Anlagen installiert werden, besteht die Chance einer Umkehrentwicklung. Dies ist momentan jedoch nicht zu erwarten.
Einspeisevergütung für Ü20-Anlagen
Die ersten Photovoltaikanlagen haben mittlerweile das Ende der 20-jährigen Vergütungsgarantie erreicht – und Jahr für Jahr kommen neue hinzu. Die Betreiber der sogenannten ausgeförderten Anlagen werden jedoch nicht alleine gelassen. Beträgt die Anlagenleistung unter 100 Kilowatt pro Jahr, besteht weiterhin ein Anspruch auf eine Einspeisevergütung (§§ 19 und 21 EEG). Allerdings richtet sich deren Höhe dann nach dem sogenannten Jahresmarktwert Solar (JW Solar). Dessen Berechnung erfolgt anhand der monatlich durch die vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) ermittelten und auf deren gemeinsamen Internetplattform Netztransparenz.de veröffentlichten Marktwerte (MW Solar). Stichtag für die Veröffentlichung ist der 10. Tag des Folgemonats bzw. der 10. Januar für das vorausgegangene Jahr. Betreiber ausgeförderter Anlagen erhalten ihre Abrechnung also immer Anfang des Folgejahrs – und wissen dann erst, ob eine Erstattung oder eine Zahlung fällig wird. Zuvor haben die Netzbetreiber jeweils bis zum 15. eines Folgemonats „Abschläge in angemessenem Umfang zu leisten“ (§ 26 EEG).

De facto handelt es sich hier um eine reduzierte Einspeisevergütung. 2020 betrug der Jahresmittelwert geringe 2,879 ct/kWh. Für 2021 war schon im 2. Halbjahr eine attraktivere Vergütung zu erwarten, denn ab Mai stieg der Monatsmarktwert stark an: von 4,187 auf stolze 27,075 ct/kWh im Dezember. Als Begründung wurde der hohe Strompreisanstieg 2021 angeführt. Allerdings seien die Marktwerte im Winter durch die schwächere solare Stromproduktion ohnehin tendenziell höher.
Im Ergebnis ergab sich ein Jahresmarktwert JWSolar von 7,552 Cent/kWh. Der Jahresmittelwert MWSolar(a) beträgt entsprechend der Berechnung nach § 33 EEG 2012 für das Jahr 2021 9,562 Cent/kWh. (Stand: 10. Januar 2022)

Die Höhe dieser reduzierten Einspeisevergütung verringert sich zudem noch um einen Betrag für die Netzbetreiber. Bis 2021 war dies eine festgelegte Vermarktungspauschale in Höhe von 0,4 ct/kWh bzw. 0,2 ct/kWh, wenn ein intelligentes Messsystem installiert ist. Nun sind es die tatsächlichen Kosten der ÜNB: Für das Jahr 2022 wurde der „Abzugsbetrag für ausgeförderte Anlagen“ auf 0,184 ct/kWh festgelegt.
Nach § 25 EEG endet dieser Anspruch am 31. Dezember 2027.
Wirtschaftlichkeit bei sinkender Einspeisevergütung
Für die Einspeisevergütung spricht zweifellos der Komfort bei der Abwicklung. Alles läuft nahezu automatisch und erübrigt darüber hinaus einen kostspieligen Stromspeicher. Das „Aber“ wiegt allerdings weitaus schwerer: Da der produzierte Strom in den seltensten Fällen ausreicht, müssen die Verbraucher im Haus häufig zusätzlich mit viermal so teurem Netzstrom versorgt werden. Die Folge: Das Minusgeschäft ist programmiert, die erhoffte Rendite rückt in weite Ferne.
Steigende Strombezugskosten sind das Hauptargument gegen die Volleinspeisung, sogar gegen die am häufigsten genutzte Überschusseinspeisung. Dennoch kann eine Photovoltaikanlage auch heute noch wirtschaftlich betrieben werden. Jede Kilowattstunde, die nicht eingespeist, sondern stattdessen selbst verbraucht wird, erhöht die Rendite. Wird zusätzlich ein Energiespeicher eingebaut, lässt sich der Eigenverbrauch noch weiter erhöhen und somit der Strombezug aus dem öffentlichen Netz erfreulich minimieren.
Eine differenzierte Entscheidungshilfe für die optimale Nutzung von Solarstrom bietet der Beitrag Netzeinspeisung vs. Eigenverbrauch.

