Bypass-Dioden: Achtung, Umleitung!
Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Im Fußball beispielsweise werden formschwache Spieler ausgewechselt, um die gesamte Mannschaftsleistung nicht zu gefährden. Und in der Photovoltaik? Da werden Bypass-Dioden genutzt, um Verluste durch Verschattungen und Verschmutzungen an einzelnen Solarzellen zu reduzieren. Aufgrund des Aufbaus von Solaranlagen würden diese ansonsten die Leistungswerte in den Keller ziehen – nicht nur der betroffenen Solarzellen, sondern der ganzen Anlage.
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Kleiner Ausfall, große Wirkung
Eine Photovoltaik-Anlage besteht, von den Steuerungselementen einmal abgesehen, aus mehreren Solarmodulen. Ein Solarmodul wiederum besteht aus vielen einzelnen und in Reihe geschalteten Solarzellen. Diese werden auch Strings genannt, was übersetzt etwa Schnur oder Kette bedeutet – und das Problem deutlich macht. Denn fällt beispielsweise eine Zelle von 60 aus, ist es mitnichten so, dass die anderen 59 weiterhin voll arbeiten können. Stattdessen sinkt die gesamte Leistung des Solarmoduls stark ab, weil das eine Glied in der Kette seine Aufgabe nur noch eingeschränkt erfüllt und damit auch alle anderen in Mitleidenschaft zieht. Die elektrische Spannung in der betroffenen Solarzelle reduziert sich und führt dazu, dass das gesamte Modul und die gesamte Anlage deutlich weniger Strom produziert.
Es gibt noch ein zweites Problem mit verschatteten oder verschmutzten Solarzellen. Sie bilden einen Widerstand, der zu einer starken Erwärmung, sogenannten Hotspots, an diesen Stellen führen kann. Das kann die Leistung des Solarmoduls weiter reduzieren. Noch viel stärker fällt aber ins Gewicht, dass Überhitzungen zu dauerhaften Schäden an dem Modul führen können, im schlimmsten Fall bis hin zu einem Brand.
Bypass-Dioden führen am Stau vorbei
Die Lösung für beide Probleme sind Bypass-Dioden. Sie nehmen die betroffenen Zellen aus dem Spiel, indem sie den Strom an ihnen vorbeileiten. Das geht in der Regel nur mit einem temporären und geringen Leistungsverlust einher, sorgt aber gleichzeitig dafür, dass alle anderen Solarzellen weiterhin mit voller Kraft arbeiten können. Die Bypass-Dioden springen automatisch an, wenn eine Störung beziehungsweise eine ungewöhnlich hohe Spannung registriert wird.
Um das Ganze möglichst fein aussteuern zu können, wäre es prinzipiell die beste Lösung, wenn jede Solarzelle ihre eigene Bypass-Diode hätte. In der Praxis würde das aber den Modulpreis ungebührlich verteuern. Es wird daher meist ein guter Kosten-Nutzen-Effekt erzielt, wenn die einzelnen Module, auch abhängig von ihrer Größe, mit zwei bis sechs Dioden bestückt werden. Sie werden in der Regel in der Anschlussdose auf der Rückseite des Solarmoduls angebracht. Damit nimmt man zwar in Kauf, bei einer Störung einzelne weitere Solarzellen zu überbrücken, die gar nicht davon betroffen sind. Der Verlust oder die Gefahr eines Schadens ist aber wesentlich geringer, als wenn die gestörte Solarzelle in der Schaltung bliebe.
Im Zusammenhang mit Bypass-Dioden hört man häufig auch den Begriff Schottky-Dioden. Diese Art von Dioden kommt zum Einsatz, wenn schnelles Schalten oder eine Reaktion schon bei kleinen Spannungsänderungen nötig sind – so wie bei Solarzellen. Beides muss aber fein ausbalanciert werden, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Die Bypass-Diode sollte nicht zu früh, darf aber auch nicht zu spät aktiv werden. Eine Aufgabe, die Diodenhersteller und Solarunternehmen immer besser in den Griff bekommen haben. Der Name der Dioden geht auf den deutschen Physiker und Elektrotechniker Walter Hans Schottky zurück. Er hat weitere Spuren hinterlassen: Nach ihm wurden unter anderem auch ein Effekt in der Röhrentechnik, eine Anomalie und eine Gleichung benannt.
Defekte sind schwer zu bemerken
Bei allem Gutem, was Bypass-Dioden leisten, haben sie doch auch eine Tücke. Denn im Idealfall werden sie nicht gebraucht. Sie springen lediglich ein, wenn eine oder mehrere Solarzellen nicht mehr einwandfrei Strom liefern. Ohne Bypass-Diode käme es dann zu einem starken Leistungsabfall. Mit Bypass-Diode merkt man davon wenig, weil die betroffenen Solarzellen umschifft werden. Ist der Grund für den Ausfall eine kurzzeitige Verschattung, ändert sich das häufig bald wieder. War eine Verschmutzung Schuld daran, ist sie spätestens nach dem nächsten Reinigungs- und Wartungsintervall behoben.
Die Folge davon ist, dass man kaum bemerkt, wenn eine Bypass-Diode selbst kaputt geht. Gründe dafür können beispielsweise eine falsche Dimensionierung, schlechte Materialqualität oder eine Überspannung aufgrund eines Blitzeinschlags in der Umgebung sein. Defekte Bypass-Dioden sind mehr als ein Ärgernis und können sogar zu einer Gefahr werden. Ersteres, wenn sie ausfällt und dauerhaft die Solarzellen, für die sie „zuständig“ ist, überbrückt. Das kann gegebenenfalls noch einigermaßen gut an einem längeren Leistungsabfall erkannt werden. Schlimmer kann es sein, wenn sie die Störungen nicht mehr überbrücken, obwohl sie es sollten. Dann besteht wieder die Gefahr von Hotspots bis hin zu Schmor- und Brandschäden an den Solarmodulen. Daher sollte bei einer Wartung oder bei Auffälligkeiten im Leistungsprofil der Anlage immer auch die Funktionsfähigkeit der Bypass-Dioden überprüft werden. Bei Solarmodulen auf dem Dach wird das meistens mittels einer Wärmebildkamera bewerkstelligt.
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Fazit: Ohne Bypass-Dioden läuft’s nicht rund
Klein, aber oho: Bypass-Dioden sind unverzichtbarer Bestandteil einer Photovoltaik-Anlage beziehungsweise ihrer Solarmodule. Sie verhindern Schäden durch Hotspots an nicht voll funktionsfähigen Solarzellen und sorgen gleichzeitig dafür, dass der Leistungsabfall so gering wie möglich bleibt. Viel hilft viel gilt in diesem Fall übrigens nicht: Beim Kauf von Solarmodulen oder einer Photovoltaik-Anlage ist es wichtiger, darauf zu achten, dass die Anzahl und die Dimensionierung der Dioden gut auf die weiteren Komponenten abgestimmt ist.
Wunderdinge können allerdings auch die Bypass-Dioden nicht vollbringen. Ist absehbar, dass ein Teil der Solarzellen sehr häufig oder gar immer verschattet bleibt, sollte von vornherein ein anderer Standort für die Photovoltaik-Anlage gefunden werden. In der Praxis ist dies häufig nicht möglich, da nur ein Hausdach, nämlich das eigene, zur Verfügung steht. Dann sollte berechnet werden, ob die Anlage auch dann noch sinnvoll ist und wirtschaftlich arbeiten kann, wenn die betroffenen Stellen gegebenenfalls nicht mit Solarmodulen belegt werden, also nur ein Teil des Daches genutzt wird.
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