Novitäten zur Gewinnung von Solarstrom – ein Überblick
Energie für alle – kostenlos und immer vorrätig. Klingt das nicht wie ein Traum? Wenn es uns gelingen würde, die Sonnenenergie einer einzigen Stunde zu gewinnen, hätten die Menschen weltweit genügend Strom für ein ganzes Jahr. Dafür brauchten wir aber ein Vielfaches der heutigen Solaranlagen. Selbst in Deutschland liegt die solare Stromversorgung noch unter 10 Prozent. Die gute Nachricht: Es gibt eine Menge Ideen für den Ausbau dieser Kapazitäten. Hier finden Sie die interessantesten Novitäten zusammengefasst. In den einzelnen Abschnitten verlinken wir auf die Beiträge, die sich näher mit dem jeweiligen Thema befassen.
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Photovoltaik-Ausbau – die Ausgangssituation
Das EEG 2023 sieht einen Photovoltaik-Ausbau auf 215 Gigawatt (GWp) bis 2030 und auf 400 GWp bis 2040 vor. Der jährliche Netto-Zubau soll innerhalb weniger Jahre auf einen Höchstwert von 22 GWp klettern. Das ist sehr anspruchsvoll und mit einem Tempo wie bisher nicht zu schaffen – auch, wenn der Zubau 2022 etwa 1 GWp höher lag als im EEG vorgesehen.
Auf der anderen Seite gibt es in Deutschland genügend Flächen für entsprechende PV-Anlagen, und zwar ohne nennenswerte Konflikte mit der Landwirtschaft oder dem Naturschutz. Stichwort: Integrierte Photovoltaik.
Um diese im größeren Maßstab zu verwirklichen, werden neue Solartechniken gebraucht. Auch auf diesem Gebiet tut sich derzeit enorm viel.
Die 6 Felder der Integrierten Photovoltaik
Integrierte Photovoltaik, kurz IPV, fügt sich in eine Fläche oder Umgebung ein, während herkömmliche Photovoltaik einer bestehenden Fläche hinzugefügt wird. Das bekannteste Beispiel einer integrierten PV-Anlage ist eine Indach-Anlage mit klassischen Silizium-Modulen. Ersetzt die IPV andere Materialien, spart sie damit zugleich Ressourcen und Energie ein und verringert den CO2-Ausstoß und die Herstellungskosten.
Die Grafik zeigt die 6 zurzeit aussichtsreichen PV-Technologien. Die angegebenen Potenziale stammen aus der Studie „Aktuelle Fakten zur Photovoltaik“ des Fraunhofer-ISE vom 27. September 2023:
Bauwerkintegrierte Photovoltaik (BIPV)
Ins Bauwerk integrierte Photovoltaik-Bauelemente können natürlich Strom gewinnen. Damit ist aber noch nicht Schluss. BIPV-Elemente sind multifunktional. Sie übernehmen zusätzlich klassische Funktionen wie Wärmedämmung, Wind- und Wetterschutz und erfüllen zudem gestalterische Aufgaben. Damit ist die Bauwerkintegrierte PV sowohl in ökonomischer als auch in ökologischer und ästhetischer Hinsicht die bessere Alternative. Perfekt auch für Hauseigentümer, die den strenger werdenden energetischen Gebäuderichtlinien nachkommen müssen.
Das Fraunhofer-ISE gibt für das technische Potenzial der BIPV übrigens einen Wert von ca. 1.000 GWp an, das sind 1.000.000.000 kWp. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass eine einzelne Standard-PV-Anlage einen Leistungswert von gerade mal 8 bis 10 kWp hat.
Urbane Photovoltaik (UPV)
Wie wäre es, wenn versiegelte Flächen in Städten und Gemeinden gleichzeitig zur Solarstromerzeugung genutzt und die Umgebung einladender gestaltet wären? Wenn PV-Anlagen auf öffentlichen Plätzen, Parkplätzen und Sportanlagen, Messegeländen und ZOBen Schatten spenden würden, Schutz vor Regen böten, mit Leuchten und/oder einer Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität ausgestattet wären? Integriert werden kann Urbane Photovoltaik, kurz UPV, auch in Werbeleinwände, WiFi, 5G Mobilfunk oder Überwachungsfunktionen. Das technische Potenzial beläuft sich in Deutschland auf mindestens 59 GWp. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind jedoch sehr komplex.
Agri-Photovoltaik (APV)
Die Vorsilbe kommt von Agriculture, englisch für Landwirtschaft. Und das erklärt es eigentlich schon: Agri-PV, kurz APV, oder Agrophotovoltaik kombiniert die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Nahrungsmittelproduktion mit der solaren Stromerzeugung. Dem häufig angebrachten Vorwurf, es würden damit wertvolle Ressourcen an fruchtbarem Ackerboden verbraucht, kann mit einem gezielten Lichtmanagement entgegengewirkt werden. Agri-PV ist ideal für kleinere und mittlere landwirtschaftliche Betriebe, die auf ökologische oder naturnahe Agrarkultur setzen. Das technische Potenzial ist enorm und wird alleine bei aufgeständerten Modulen mit 1.700 GWp (1,7 TWp) beziffert. Mit bodennah montierten Modulen zwischen Anbaureihen kämen noch einmal 1.200 GWp hinzu.
Schwimmende Photovoltaik oder Floating PV (FPV)
Der Braunkohletagebau hat in Deutschland mehr als die dreifache Fläche des Bodensees zerstört. Sind all diese Flächen geflutet und werden auch die anderen Baggerseen hinzugerechnet, ergibt dies ein technisches Potenzial von 44 GWp für Floating PV, kurz FPV. Dabei werden die Module der Photovoltaik-Kraftwerke auf Schwimmkörpern montiert. Die Vorteile dabei: Der geringere Lichteinfall verringert die Algenbildung und schützt das Ökosystem vor starker Sonneneinstrahlung. Und das kühlende Wasser sorgt für eine bessere Effizienz. Verständlich, dass Schwimmende Photovoltaik weltweit ein sehr dynamisches Wachstum verzeichnet.
Verkehrswege Photovoltaik (RIPV)
Unser dichter Straßenverkehr verursacht viel Lärm und Schmutz. Niemand möchte gern in der Nähe einer Autobahn wohnen. Zum Glück ist das den Photovoltaikanlagen vollkommen egal. Für PV in Verkehrswegen, kurz RIPV für Road Integrated PV, eignen sich bestehende Lärmschutzwände und Lärmschutzwälle, Überdachungen, Tunneleinfahrten, Randflächen im Straßen- und Schienenverkehr, Gleisbettungen sowie die Pflasterung öffentlicher Plätze, Fußwege und Radwege.
Fahrzeugintegrierte Photovoltaik (VIPV)
Als Hauptargument gegen E-Fahrzeuge wird mittlerweile weniger ihr Anschaffungspreis als ihre geringe Reichweite genannt. Mit direkt auf dem Fahrzeug integrierten PV-Modulen, kurz VIPV für Vehicle Integrated PV, ist dieses Argument vom Tisch, da sich die Reichweite spürbar erhöht. Aber auch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor profitieren, indem sie Treibstoff sparen und damit ihre Emissionen reduzieren.
Die aussichtsreichen Neuheiten der Solartechnik
Herkömmliche Photovoltaikmodule sind zwar optimal für die Dachbelegung, doch für die wenigsten der genannten neuen Konzepte geeignet. Um diese nennenswert auszubauen, arbeitet die Forschung an anderen Lösungen. Grob können diese in Paneel- und Folien-„Module“ unterteilt werden. Wir stellen zunächst die starren und im Anschluss daran die flexiblen Neuentwicklungen vor:
Tandem-Solarzellen mit zusätzlicher Perowskit-Schicht
Silizium und Perowskit sind ein Dreamteam, denn sie nutzen unterschiedliche Lichtspektren für die Stromerzeugung. Das Problem bei reinem Silizium ist nämlich die mangelnde Absorption des Blau- und Grünanteils im Sonnenlicht. Das häufig vorkommende Mineral CaTiO3 dagegen ist genau auf darauf spezialisiert. In der Tandem-Solarzelle absorbiert Perowskit das kurzwellige Licht und lässt das langwellige Rot- und Infrarot-Licht zur unteren Schicht aus Silizium passieren. Die beiden größten Vorteile von Perowskitzellen: Die Wafer können bei Raumtemperatur hergestellt werden und funktionieren gut bei indirektem Licht (bedeckter Himmel, leichter Regen und Nebel).
n-Typ-Solarzellen mit Phosphor statt Bor
Anders als die noch nicht ganz ausgereiften Tandem-Solarzellen entwickeln sich kristalline n-Typ-Module langsam zum neuen Standard. Noch sind sie relativ teuer, aber die Vorteile werden auf längere Sicht überzeugen – genauso wie beim Duell monokristalline gegen polykristalline Solarmodule. n-Typ-Solarzellen sind langlebiger, leistungsfähiger, effizienter und alterungsresistenter als klassische p-Typ-Zellen. Zusätzlich mit einer ultradünnen Schicht aus amorphem Silicium ausgerüstete Heterojunction-Solarzellen (HJT) überzeugen sie darüber hinaus mit einem deutlich besseren Schwachlichtverhalten.
Transparente Photovoltaikmodule
Ebenfalls ausgereift sind die eigentlich halbtransparenten Glasmodule. Sie werden überall dort verbaut, wo das Licht nicht gänzlich ausgesperrt werden soll: für Überdachungen von Terrassen, Erkern, Wintergärten und Gewächshäusern, als Balkonbrüstung, als Pergola oder über dem Gemüsebeet im Garten. Die Solarzellen werden meistens in Glas-Glas-Module integriert. Je dichter sie angeordnet sind, desto geringer ist die Lichtdurchlässigkeit, desto größer ist aber auch der Wirkungsgrad der transparenten Solarmodule.
Bifaziale Paneelmodule
Der Name ist ein wenig irreführend: Bifaziale Module, auch Duplex-Module oder doppelseitige Module genannt, haben keine PV-Zellen-Schicht auf der Rückseite. Der Effekt ist aber ähnlich. Statt aus einer lichtabsorbierenden Folie besteht die Modulrückseite aus einem lichtdurchlässigen Material, in der Regel ist es Glas. Der Vorteil: Licht gelangt von allen Seiten auf die Solarzellen.
Bei einer Montage vor einer Fläche wie der Hauswand oder dem Dach wird zusätzlich die vom Untergrund reflektierte Strahlung genutzt. Bei freistehenden Sichtwänden und Zäunen wirkt sich eine Ost-West-Ausrichtung positiv aus – wenn sowohl am Vormittag als auch am Nachmittag die Sonne auf die PV-Anlage scheint. Und nicht nur das: Selbst Schneereflexionen und Streulicht bringen einen Mehrertrag. Wie viel, ist allerdings nicht ganz eindeutig, die Angaben der Fachwelt variieren zwischen 5–15 und bis zu 30 Prozent.
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Hybrid-Module für Strom und Wärme
Ähnlich wie Tandem-Module bedienen sich auch Photovoltaik-Thermie-, kurz PVT-Anlagen der unterschiedlichen Frequenzen von Sonnenstrahlen: sichtbares Blau- bis Rot-Licht für die Photovoltaik, unsichtbares Infrarotlicht für die Solarthermie. Bei den innovativen Hybridanlagen sind beide Funktionen übereinander angeordnet. Da die thermischen Solarkollektoren schädliche Wärme abführen, kann der PV-Ertrag um bis zu 25 Prozent gesteigert werden. Die Mehrkosten der Anlagen müssen allerdings bedacht werden. Sinnvoll kann sie bei einem Mangel an Installationsfläche und in besonders sonnenreichen und sehr warmen Regionen sein.
Solarfolie: flexibel und leicht
Überall dort, wo starre Module nicht passen, sind Solarfolien eine clevere Alternative – seien es auf geschwungenen oder gebogenen Flächen, wenig tragfähigen Dächern oder Montageflächen ohne Anschluss zum Hausstromnetz. Der Preis für diese Flexibilität ist zwar ein geringerer Wirkungsgrad, doch dafür sind Solarfolien erschwinglich und oft sogar attraktiv. Viele Firmen nutzen bereits die Möglichkeit, eine werbewirksame Botschaft aufdrucken zu lassen. Ein weiterer Pluspunkt ist die einfache Montage. Die neuen „transparenten Solarfolien“ werden auf die Fensterscheiben geklebt und bieten einen gewissen Sonnenschutz.
Organische Solarzellen: OPV noch in der Entwicklungsphase
OPV, englisch für Organic Photo Voltaics, ist ein Oberbegriff für alle Techniken mit Solarzellen, die auf Kohlenwasserstoffen basieren. OPV umfasst Feststoff-Solarzellen (OSC, Organic Solar Cells) und Farbstoff-Solarzellen (DSC, Dye Sensitized Cells oder DSSC, Dye Sensitized Solar Cells). Die Vorteile reichen von kostengünstiger Herstellung bis zur enormen Flexibilität bei der Installation. Leider aber zerfallen die organischen Bestandteile relativ schnell. Weil OSC und DSC/DSSC als die größten Hoffnungsträger auf dem Gebiet der Photovoltaik gelten, arbeiten Forscherteams weltweit an der Steigerung von Lebensdauer und Wirkungsgrad.
Poster „Nutzung und Potenziale der Solarenergie“ zum Download
Wir haben die wichtigsten Informationen zur Nutzung und zu den Potenzialen der Solarenergie in einer Infografiken für Sie visualisiert. Sie können das Poster hier ansehen und herunterladen. Zum Vergrößern der Darstellung bitte auf das Poster klicken.
Photovoltaik Leistungsangaben
Die wichtigsten Kennwerte von PV-Anlagen Die Leistung einer PV-Anlage basiert auf mehreren Kennwerten, auch Kenngrößen oder Kennzahlen genannt. Anhand dieser… weiterlesen