Stecker-Solargeräte: 5-Punkte-Programm soll die Nutzung vorantreiben
Laut Angaben der Photovoltaik-Branche werden in Deutschland rund 250.000 kleine PV-Anlagen bis maximal 600 Watt Wechselrichterleistung betrieben. Bekannt sind sie als Steckersolargeräte, Balkonkraftwerke und Mini-Solaranlagen. Ihre derzeitige Gesamtleistung beträgt schätzungsweise 100 Megawatt. Nicht genug, findet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
Um die Minis stärker in den geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien einzubinden, wurden sie in den kürzlich veröffentlichten Entwurf der „PV-Strategie des BMWK“ aufgenommen. Ein 5-Punkte-Programm soll die „Nutzung von Balkonkraftwerken erleichtern“. Lesen Sie, welche attraktiven Anreize es umfasst. Dass Anlagenwillige bald in ihren Genuss kommen werden, gilt als so gut wie sicher.
Punkt 1: Meldepflicht2>
Ist: Doppelmeldung im Marktstammdatenregister und beim Netzbetreiber
Da auch kleine Kraftwerke ans Stromnetz angeschlossen sind, greift genau wie bei den großen Dach- und Fassadenanlage die Pflicht zur Anmeldung beim Netzbetreiber und im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur. Einen Unterschied gibt es jedoch: Bei Anlagen bis 600 W kann beim Einreichen auf die Unterschrift einer Elektrofachkraft verzichtet werden.
Soll: Meldepflichten vereinfachen oder streichen
Tatsche ist: Nur etwa die Hälfte der PV-Kleinstanlagen sind bei der Bundesnetzagentur registriert. Das Versäumnis beruht wahrscheinlich auf Unkenntnis und Bequemlichkeit. Um den Bürokratieaufwand zu verringern, ist vorgesehen, die derzeitige „Doppelmeldung zu entschlacken“. Wie das genau aussehen wird, steht noch nicht fest.
Punkt 2: Energiesteckvorrichtung
Ist: Wieland-Stecker vorgeschrieben
Entgegen den Herstellerangaben ist der Anschluss an eine haushaltsübliche Schutzkontaktsteckdose nicht zulässig. Laut VDE muss eine spezielle Energiesteckdose genutzt werden (z.B. nach VDE V 0628-1).
Die Begründung: Sobald eine Mini-Solaranlage dem Licht ausgesetzt ist, produziert sie Strom – und solange der Stecker nicht eingesteckt ist, stehen die berührbaren Steckerstifte unter Spannung. Modelle wie der Wieland RST® (Rundstecker) CLASSIC-Steckverbinder, bekannt als Wieland-Stecker, weisen den geforderten Berührungsschutz auf. Die normale Steckdose muss dann nur noch durch die passende Energiesteckdose ersetzt werden. Für die Installation ist eine Elektrofachkraft hinzuzuziehen.
Soll: Schuko-Stecker zulassen
Balkonkraftwerke werden üblicherweise mit einem Schuko-Stecker geliefert, der in vielen EU-Ländern auch zugelassen ist. In Kombination mit einem Wechselrichter mit Netz- und Anlagenschutz wurde nun das Risiko eines Stromschlags oder Brandes als gering eingestuft. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Geräte könnten an jeder herkömmlichen Haushaltsteckdose angeschlossen werden. Bestehen bleibt das Verbot, Steckersolargeräte an einer Mehrfachsteckdose zu betreiben.
Punkt 3: Zustimmung
Ist: Ablehnung des Wohnungseigentümers unzulässig
Dass man für den Betrieb eines Stecker-Solargeräts keine Zustimmung der Eigentümergemeinschaft oder des Vermieters braucht, ist nicht ganz richtig. Da der produzierte Strom ins Hausnetz eingespeist wird, findet immerhin ein Eingriff statt. Wird die Anlage fachgerecht und leicht rückbaubar installiert und werden weder die bauliche Substanz noch die Optik der Immobilie beeinträchtigt, darf ein Balkonkraftwerk betrieben werden. Und zwar als Beitrag zum Umweltschutz, der als Staatsziel im Grundgesetz (Artikel 20a) vereinbart ist. Fazit: Der Vermieter muss zwar gefragt werden, darf aber nicht ablehnen. Allerdings sehr wohl, wenn das Mini-Kraftwerk gut sichtbar angebracht wird, wie beispielsweise an der Balkonbrüstung oder der Hausfassade.
Soll: Aufnahme in den Katalog privilegierter Maßnahmen im WEG/BGB
Trotz des Anrechts kommt es immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten. Um diesen entgegenzuwirken, soll das Betreiben eines Stecker-Solargeräts als sog. privilegierte Maßnahme in das Wohnungseigentumsgesetz (WEG – für Eigentümergemeinschaften) und das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB – für Mieter) aufgenommen werden. Damit hätten Miteigentümer und Mieter einen Anspruch auf den Betrieb ihres Mini-Kraftwerks. Hinsichtlich der Platzierung wird es wahrscheinlich keine Änderung geben.
Punkt 4: Leistungsgrenze
Ist: Schwelle liegt bei 600 Watt
Mini-Solaranlagen bestehen aus ein oder zwei Solarmodulen, einem Mikro-Wechselrichter, der Unterkonstruktion und der Verkabelung. Die Maximalleistung der Solarmodule kann so hoch sein, wie die Betreiber dies möchten. Mehr als 2×400 oder 2×450 Wattpeak verursachen jedoch unnötig hohe Kosten, weil die maximale Wechselrichterleistung in Deutschland auf 600 W begrenzt ist.
Soll: Schwelle auf 800 Watt erhöhen
Mit der Anhebung der Leistungsbegrenzung auf 800 W möchte die Bundesregierung den Regelungen anderer EU-Ländern folgen. Laut EU-Verordnung 2016/631 ist eine Signifikanz bei Stromerzeugungsanlagen ohnehin erst oberhalb von 0,8 kW Wechselrichterleistung gegeben.
Punkt 5: Zähler
Rückwärtsdrehende Zähler vor Betrieb austauschen
Die älteren Ferraris-Stromzähler, erkennbar an der Drehscheibe, zählen rückwärts, wenn Solarstrom in das öffentliche Netz eingespeist wird. Da dieses eine korrekte Abrechnung des Netzbetreibers verhindert, ist beim Betrieb eines Solargeräts ein digitaler Zähler mit Rückaufsperre oder ein Zweirichtungszähler verpflichtend. Demnach sind rückwärtsdrehende Zähler vor der Inbetriebnahme auszutauschen.
Soll: Rückwärtsdrehende Zähler vorübergehend dulden
Wenn Steckersolargeräte übergangsweise hinter jedem vorhandenen Zählertyp betrieben werden dürfen, können Betreiber sie sofort nach dem Kauf nutzen. Die Duldung währt jedoch nur solange, bis der Verteilnetzbetreiber den nötigen Zählerwechsel vornimmt. Ein Ziel ist hier auch, den bereits angelaufenen Smart-Meter-Rollout zu beschleunigen.
Umsetzung
Bis zum 24. März 2023 bestand die Möglichkeit, eine Stellungnahme an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu richten. Nach der im Mai 2023 vorgelegten finalisierten Fassung der „Photovoltaik-Strategie des BMWK“ sollen die beschlossenen Maßnahmen in zwei Gesetzespaketen (Solarpaket I und II) nacheinander umgesetzt werden.
Quelle: BMWK (Hrsg.), Photovoltaik-Strategie. Stand: März 2023
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